... Zitronenpresse in Expertenhand
Als Erbe kommen Sie in den Genuss der Vermögensvorteile des Nachlasses, allerdings müssen Sie auch die Erbenhaftung in Kauf nehmen. So haften Sie als Erbe den Gläubigern für alle Nachlassverbindlichkeiten, also für die Schulden des Erblassers. Wenn der Nachlass nun überschuldet ist, wäre die Folge, dass Sie für die Nachlassverbindlichkeiten mit Ihrem Privatvermögen haften. Damit stünden Sie als Erbe finanziell schlechter da als vor der Erbschaft. Um dies zu vermeiden, können Sie ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen und dadurch die Haftung auf das Erbe beschränken.
Das Ziel des Verfahrens
Ziel eines Nachlassinsolvenzverfahrens ist die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass zu erreichen und Ihr Privatvermögen retten. Dazu müssen Sie beantragen,
- die Nachlassverwaltung anordnen zu lassen oder
- bei überschuldetem Nachlass das Nachlassinsolvenzverfahren zu eröffnen.
Die Nachlassverwaltung
Den Nachlass verwalten zu lassen ist sinnvoll, wenn er zwar üppig erscheint aber unübersichtlich ist. Ausschließlich zuständig für diese Prozedur ist das Nachlassgericht.
Antragsberechtigt sind Sie als Erbe aber auch der Nachlassgläubiger. Er kann so verhindern, dass Sie hemmungslos das Erbe verschleudern oder einzelne Nachlass-Schulden bevorzugt ausgleichen. Voraussetzung: Der Nachlassgläubiger sieht seine Ansprüche durch Ihr Verhalten gefährdet und es sind noch keine zwei Jahre seit Annahme der Erbschaft verstrichen. Mit Ihrer Verfügung über den Nachlass ist es vorbei, wenn die Nachlassverwaltung angeordnet und ein Nachlassverwalter durch das Nachlassgericht bestellt wurde.
Ist alles bezahlt, endet die Nachlassverwaltung. Was nach der Schuldenbegleichung übrig geblieben ist, erhalten Sie zurück. Happy End: Die Gläubiger sind zufrieden und Ihr Privatvermögen ist gerettet.
Stellt der Nachlassverwalter allerdings Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit fest, endet die Nachlassverwaltung ebenfalls. Der Nachlassverwalter muss dann unverzüglich das Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. Das gilt auch für den Fall, dass vermutlich die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse (Vermögen geringer als Verfahrenskosten) abgelehnt wird.
Die Nachlassinsolvenz
Antragsberechtigung
Antragsberechtigt sind zunächst Sie als Erbe. Neben Ihnen kann aber auch jeder Miterbe, der Nachlassverwalter, der Nachlasspfleger oder der Testamentsvollstrecker die Einleitung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Auch der Nachlassgläubiger ist antragsberechtigt.
Bei Vor- und Nacherbfolge ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls der Vorerbe antragsberechtigt, danach der Nacherbe.
Zuständigkeit
Zuständig ist als Insolvenzgericht das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene zuletzt wohnte.
Frist
Als unzulässig verworfen wird der Insolvenzantrag, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Pflicht zur Antragsstellung
Der Erbe und Nachlassverwalter sind zur Antragsstellung unverzüglich verpflichtet, wenn sie von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erhalten.
Gelingt es Ihnen als Erbe nicht, fällige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, gelten Sie als zahlungsunfähig. Dies gilt auch, wenn Sie die fälligen Zahlungsverpflichtungen aus Ihren innerhalb von zwei bis drei Wochen erzielbaren Einkünften nicht erfüllen können.Übersteigen bei einer Gegenüberstellung der Aktiva (positive Vermögenswerte wie Bankvermögen, Forderungen, Grundstücke) und Passiva (Schulden) die Schulden den Wert der Nachlassgegenstände spricht man von Überschuldung.
In diesem Fall müssen Sie sich sofort an das zuständige Gericht wenden. Mit mangelnder Kenntnis (auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis) über den Nachlass können Sie sich übrigens nicht herausreden.
Kommen Sie Ihrer Pflicht nicht nach, können die Folgen fatal sein. Sie sind dann gegenüber den Nachlassgläubigern nämlich zum Schadenersatz (aus Ihrem Privatvermögen) verpflichtet. Der wird aus der Differenz zwischen dem (unbefriedigenden) Ergebnis des Insolvenzverfahrens zu dem berechnet, was der Gläubiger bei Ihrer rechtzeitigen Antragstellung erhalten hätte. Verschlechtert sich außerdem die wirtschaftliche Lage des Nachlasses noch, obwohl Ihnen die Insolvenzgründe bekannt sind, kann Ihre wirtschaftliche Situation in eine Katastrophe münden.
Feststellung der Überschuldung
Durch das Insolvenzgericht wird ermittelt, ob der Nachlass überschuldet ist. Hierfür werden zunächst die sogenannten Masseverbindlichkeiten (Beerdigungskosten, Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse) berücksichtigt.
Einstellung mangels Masse
Wenn ein Nachlassinsolvenzverfahren mangels kostendeckender Masse abgelehnt oder eingestellt wird, können Sie die Befriedigung von Nachlassgläubigern über den Nachlass hinaus verweigern. Sie können den Gläubigern die "Dürftigkeitseinrede" entgegenhalten.
Rechtswirkungen des Verfahrens
Sobald das gerichtliche Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist, können Sie als Erbe nicht mehr über den Nachlass verfügen. Es wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der die Verwaltung des Nachlasses übernimmt. Einen Vorteil haben Sie allerdings auch: mit Eröffnung der Nachlassinsolvenz wird die Haftung des Erben auf den Nachlass beschränkt, das heißt Sie haften nicht mit Ihrem Privatvermögen für die Schulden des Erblassers. Selbst wenn Sie bereits vor einem anderen Gericht auf Zahlung einer Forderung aus dem Nachlass verklagt wurden, wird dieses Verfahren bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.
Tipp!
Sie können auch schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen.
Erschöpft aber glücklich
Am Schluss des Nachlassinsolvenzfahrens ist der Nachlass durch die Schuldenregulierung erschöpft, Ihr Privatvermögen hingegen gerettet. Jetzt noch präsentiere offene Nachlass-Schulden können Sie getrost mit der Erschöpfungseinrede persönlich abblocken.